ETS II ist der EU-Emissionshandel für Gebäude und Straßenverkehr. Ab 2027 bezahlen die Inverkehrbringer von Heiz- und Kraftstoffen für deren CO₂-Ausstoß – und geben die Kosten über die Preise weiter. Ziel: fossile Energie verteuern, Sanierungen und saubere Wärme anreizen. Für Dich als heutiger oder künftiger Eigentümer heißt das: Betriebskosten rauf bei Öl/Gas, Wertvorteil für sanierte Häuser.
Was genau ist ETS II? Ein neue Steuer.
ETS II ist ein separates Cap-and-Trade-System neben dem bestehenden EU-ETS. Es deckt Gebäude- und Straßenverkehrsemissionen ab, funktioniert „upstream“ (Pflicht liegt bei Brennstofflieferanten) und startet 2027. Bei außergewöhnlich hohen Energiepreisen kann der Start um ein Jahr auf 2028 verschoben werden.
Preis-Schutzschiene
Es gibt keinen harten Deckel, aber eine Preisstabilisierungs-Mechanik: Steigt der Auktionspreis über 45 €/t CO₂ (Basis 2020, inflationsbereinigt) für zwei Monate, werden zusätzliche Zertifikate freigegeben. Das soll Preisspitzen glätten.
So wirkt das in Deutschland – Übergang vom BEHG
Bis 2026 läuft Deutschlands nationaler CO₂-Preis (BEHG) weiter: 2025 gilt ein Fixpreis von 55 €/t, 2026 folgt eine Auktion im Korridor 55–65 €/t. Ab 2027 geht es in ETS II über; das nationale System wird weitgehend abgelöst.
Was bedeutet das konkret für Heizkosten?
Die CO₂-Kosten lassen sich grob so überschlagen:
Aufschlag je Einheit = Emissionsfaktor × Preis pro kg CO₂, wobei 1 t = 1 000 kg.
Rechenbeispiele mit amtlichen Emissionsfaktoren (typisch):
Heizöl 2,66 kg CO₂/Liter, Erdgas 0,202 kg CO₂/kWh. Bei 45 €/t sind das ca. 12,0 ct/L Heizöl bzw. 0,91 ct/kWh Gas; bei 55 €/t ca. 14,6 ct/L bzw. 1,11 ct/kWh. Das sind reine CO₂-Komponenten – ohne Mehrwertsteuer, Netz- und Beschaffungspreise.
Miete: Wer trägt die CO₂-Kosten?
Seit 2023 teilt ein 10-Stufen-Modell die CO₂-Kosten zwischen Vermieter und Mieter – je schlechter der energetische Zustand, desto höher der Vermieteranteil (bis 95 %). In sehr effizienten Häusern zahlt der Mieter 100 %. Das gilt auch künftig für die CO₂-Kosten aus ETS II, weil sie über die Heizkostenabrechnung durchgereicht werden.
Sozialer Ausgleich
Die EU finanziert ab 2026 bis 2032 einen Sozialklimafonds. Er speist sich u. a. aus ETS-II-Erlösen und soll gezielt Haushalte sowie Kleinstunternehmen bei Sanierung, Heizungstausch oder Mobilität entlasten. Gesamtvolumen: mindestens rund 86,7 Mrd. €. Nationale Programme kommen ergänzend hinzu.
Was heißt das für heutige Eigentümer? Klare To-dos
Kurzfristig
Heizungscheck inkl. Hydraulikabgleich, Vorlauftemperaturen runter, Heizkurve sauber einstellen, Hocheffizienzpumpe einbauen, Thermostatventile prüfen. Das senkt sofort den Verbrauch – und damit CO₂-Kosten.
Mittelfristig
Wärmeerzeuger planen: Wärmepumpe (bei passenden Vorlauftemperaturen), Hybridlösung, Anschluss an effiziente Nah-/Fernwärme. Dach/Fassade/Fenster schrittweise verbessern. Jede eingesparte kWh spart künftig doppelt: Energiepreis + CO₂-Aufschlag.
Abrechnung im Griff
CO₂-Kosten korrekt ausweisen und nach Stufenmodell verteilen; Datenlage (Energieausweis, Verbräuche, Wohnfläche) sauber führen. Für Mehrfamilienhäuser lohnt ein Abgleich mit dem BMWK-Leitfaden/Tool zur Aufteilung.
Wenn Du 2025/26 verkaufen willst
Unterlagen schärfen
Aktuellen Energieausweis, Wartungsnachweise, Maßnahmenliste, letzte Verbrauchsdaten, Schorniberichte. Zeig Kaufinteressenten die reale Betriebskostenlage – inkl. CO₂-Komponente. Das schafft Vertrauen und verkürzt Verhandlungen.
„No-Regret“-Pakete
Kleine, sichtbare Maßnahmen mit großer Wirkung: Dämmung der obersten Geschossdecke, Rohrdämmung im Heizraum, smarte Heizungsregelung. Niedrige Invests, klare Story im Exposé.
Storytelling fürs Exposé
Nicht „alte Gastherme“. Besser: „Vorbereitung auf Wärmepumpe begonnen: Heizkörper getauscht, HK-Abgleich erledigt, Vorlauf 50 °C.“ Das senkt Risikoaufschläge im Kopf des Käufers.
Für Käufer: Worauf Du jetzt achten solltest
Heizsystem und Vorlauftemperatur
Wärmepumpen-Tauglichkeit checken. Wenn 50–55 °C im Bestand reichen, ist der Sprung einfacher.
Energieausweis & reale Verbräuche
Energieausweis (kennwertbasiert vs. bedarfsbasiert) verstehen, Messwerte der letzten 3 Jahre sehen wollen. Hohe spezifische Emissionen bedeuten künftig höheren CO₂-Aufschlag.
Gebäudehülle
Fenster, Dach, Fassaden, Wärmebrücken. Jeder Sanierungsschritt verbessert die Stufe in der CO₂-Kostenaufteilung – relevant bei Vermietung.
Nebenkosten-Szenarien rechnen
Mit 45–55 €/t kalkulieren (das ist heute in DE relevant; ETS-II-Preise ab 2027 sind marktbasiert). So bekommst Du ein Gefühl für die Bandbreite.
Förderung prüfen
Neben KfW-Programmen lohnt der Blick auf Mittel aus dem EU-Sozialklimafonds, sobald national ausgerollt.
Marktausblick – nüchtern betrachtet
Öl- und gasdominierte unsanierte Objekte bekommen Gegenwind: steigende Betriebskosten und Mieter-Kostenteilung drücken die Rendite, wenn nicht modernisiert wird. Sanierte, pumpenfähige Häuser gewinnen an Attraktivität, weil die ETS-II-Kosten gering bleiben. Preisfantasie ersetzt aber keine Rechnung: Cashflow und Capex planbar machen – erst dann kaufen oder verkaufen.
Nein. Verpflichtet sind die Brennstofflieferanten. Die Kosten landen aber über die Preise bzw. Nebenkosten bei Dir/Mietern.
Keinen fixen Deckel, aber eine Stabilisierung: Über 45 €/t (2020-Preise; zwei Monate) werden zusätzliche Zertifikate freigegeben.
Ja – nach aktueller Rechtslage. Bei außergewöhnlich hohen Energiepreisen ist ein Aufschub auf 2028 möglich.
Der nationale Fixpreis liegt 2025 bei 55 €/t, 2026 folgt eine Auktion (55–65 €/t). Ab 2027 greift ETS II.
Immolina-Tipp
Wenn Du im Bestand bleibst: zuerst Betriebskosten senken, dann Heizung planen. Wenn Du verkaufen willst: CO₂-Transparenz herstellen, „No-Regret“-Maßnahmen umsetzen und die Geschichte sauber erzählen. Wir rechnen Dir die ETS-II-Szenarien für Dein Objekt durch – kurz, ehrlich, ohne Marketing-Nebel.
Stand: August 2025. Gesetzgebung kann sich ändern. Keine Rechts- oder Steuerberatung.
